Wenn Sprache zum Spiegel wird – Wie Metaphern im Coaching neue Perspektiven eröffnen

„Ich bin der Kapitän auf einem Geisterschiff.“
Solche Sätze tauchen selten in Meetings auf – aber im Coaching kommen sie zur Sprache. Und sie zeigen mehr als tausend gut formulierte Zielbilder: innere Wirklichkeit.

Metaphern sind mehr als sprachliche Bilder. Sie geben einen direkten Zugang zu dem, was Führungskräfte oft nicht sagen – oder nicht sagen können. Gerade im Coaching oder in der Supervision entfalten sie eine besondere Wirkung: Sie bringen zum Ausdruck, was im Alltag verborgen bleibt. Und machen Entwicklung möglich, wo Sprache sonst stockt.

Warum Metaphern? Weil sie verdichten, was schwer sagbar ist

Professionelle Kommunikation gehört zum Führungshandwerk. Doch zwischen Strategiepapiere, Jour fixe und Reporting verschwinden oft genau die Themen, die eigentlich wichtig wären:

  • das Gefühl, ständig unter Druck zu stehen,
  • die Unsicherheit in neuen Rollen,
  • das Misstrauen, das unausgesprochen bleibt,
  • die Erschöpfung, die sich nicht zeigen darf.

 

Metaphern sind hier ein Schlüssel. Sie entstehen spontan, sie kommen aus dem Inneren – nicht aus dem professionellen Repertoire. Wer sagt, er stehe „am Rand eines Abgrunds“, bringt mehr auf den Punkt als zehn SWOT-Analysen.

Metaphernarbeit im Coaching – was passiert da eigentlich?

Zuhören – das ist der Anfang. Und dann gemeinsam ins Bild gehen:

„Ich laufe im Hamsterrad.“
„Ich rudere gegen die Strömung.“
„Ich balanciere auf einem Drahtseil.“

Diese Sätze sind kein Stilmittel. Sie sind eine innere Landkarte. Im Coaching werden sie nicht analysiert oder vorschnell gedeutet – sie werden befragt.

  • Was genau ist da?
  • Wer oder was ist beteiligt?
  • Gibt es Bewegung?
  • Was würde passieren, wenn sich etwas verändert?

 

So entsteht ein Resonanzraum, der nicht nur zum Denken, sondern zum Spüren einlädt. Und genau das macht Entwicklung möglich – tief, nachhaltig, ehrlich.

Metaphern ermöglichen Perspektivwechsel – kognitiv, emotional, körperlich

Die Wirkung von Metaphern zeigt sich auf mehreren Ebenen:

  • Kognitiv: Sie strukturieren komplexe Erfahrungen.
  • Emotional: Sie machen Gefühle zugänglich, ohne sie zu pathologisieren.
  • Somatisch: Sie aktivieren das Körpergefühl, die Intuition – das, was sich oft nicht erklären lässt, aber spürbar ist.

 

Coaching mit Metaphernarbeit verbindet diese Ebenen zu einem stimmigen Prozess. Nicht, weil es „besonders kreativ“ ist – sondern weil es der Realität der Führung oft näherkommt als klassische Tools.

Beispiel: Von der Jongleurin zur Dirigentin

Eine Führungskraft beschreibt ihre Situation so: „Ich jongliere zu viele Bälle.“ Die Erschöpfung ist greifbar. Im Coaching betreten wir dieses Bild gemeinsam:

  • Welche Bälle sind da?
  • Welche gehören überhaupt zu ihr?
  • Was geschieht, wenn einer fällt?

 

Im Verlauf entsteht eine neue Perspektive: „Ich bin Dirigentin, nicht Jongleurin.“ Damit verändert sich nicht nur das Bild, sondern auch die innere Haltung – hin zu mehr Klarheit, Entscheidungskraft und Souveränität.

Diese Veränderung wirkt über das Coaching hinaus. In der Selbstführung, im Team, in Entscheidungen.

Die professionelle Haltung dahinter

Coaching auf diesem Niveau braucht mehr als Technik. Es braucht Haltung:

  • Präsenz statt Interpretation
  • Klarheit statt Beruhigung
  • Vertrauen statt Steuerung

 

Die Haltung in der Metaphernarbeit ist geprägt von Respekt, Offenheit und professioneller Zurückhaltung. Es geht nicht darum, „Lösungen zu liefern“, sondern Räume zu öffnen, in denen Menschen sich selbst anders begegnen können.

Gerade in der Supervision hat sich diese Arbeitsweise vielfach bewährt – als vertiefte Reflexion beruflicher Rollen und als Zugang zu unbewussten Dynamiken im beruflichen Kontext.

Fragen zur Selbstreflexion

  • Welches Bild beschreibt Ihre aktuelle Führungssituation am besten?
  • Welche Sprachbilder tauchen immer wieder in Ihren Gesprächen auf?
  • Welche Metaphern hindern – welche stärken Sie?
  • Wann haben Sie zuletzt bewusst Ihre innere Landkarte überarbeitet?

Fazit: Wer Klartext will, muss Bilder zulassen

Führung braucht Sprache – aber nicht nur die des Verstandes. Wer lernen möchte, sich selbst besser zu führen, gewinnt über innere Bilder Zugang zu tieferer Klarheit. Coaching mit Metaphernarbeit ist keine Spielerei. Es ist ein ernsthafter, wirksamer und zugleich kreativer Prozess, der Bewegung möglich macht.

Frage an Sie: Welche Metapher begleitet Sie – und wie könnte eine neue aussehen?